Ausgleichsflächen in Hamburg: Zerstörung von Naturschutzgebieten für Hafenbau
Im Zuge neuer Bauprojekte im Hamburger Hafen wurde ein wertvolles Naturschutzgebiet, die Vollhöfner Weiden, zerstört, um sogenannte Ausgleichsflächen zu schaffen. Die Fläche wurde erst im Februar zum Naturschutzgebiet erklärt. Kurz bevor die Verordnung in Kraft trat, ließ Hamburg hunderte Bäume fällen. Diese Entwicklung wirft grundlegende Fragen zum Umgang mit Naturschutzflächen, Ausgleichsmaßnahmen und nachhaltiger Stadtentwicklung auf – ein Thema, das nicht nur Hamburg, sondern ganz Deutschland betrifft.
Hintergrund: Warum werden Naturschutzgebiete in Hamburg zerstört?
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz muss für jede Fläche, die durch Bauprojekte wie den Ausbau des Hamburger Hafens versiegelt wird, an anderer Stelle ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Da in Ballungsräumen wie Hamburg geeignete Flächen zunehmend knapp werden, greifen Behörden immer häufiger auf bereits intakte Natur zurück, um diese als „aufgewertete“ Ausgleichsfläche zu deklarieren – mit fatalen Folgen für die Artenvielfalt und den Naturschutz.
Fallbeispiel: Die Vollhöfner Weiden – ein einzigartiges Naturschutzgebiet
Die Vollhöfner Weiden im Süden Hamburgs entwickelten sich über 60 Jahre ohne menschlichen Einfluss zu einem wertvollen Biotop. Hier lebten zahlreiche bedrohte Tierarten wie der Schillerfalter und seltene Urwaldrelikt-Käfer. Dennoch wurden kurz vor Inkrafttreten der Schutzverordnung Hunderte Bäume gefällt und der Waldboden sollte entfernt werden, um Platz für Trockenrasen zu schaffen – eine Maßnahme, die von Naturschutzorganisationen wie dem BUND scharf kritisiert wird.
Intakte Natur als Ausgleich? Ein umstrittener Trend
Der BUND und andere Naturschutzverbände sehen in dieser Praxis einen gefährlichen Trend: Statt versiegelte Flächen zu renaturieren, werden bestehende Naturlandschaften geopfert. In Deutschland werden täglich rund 52 Hektar Fläche für Siedlungs- und Verkehrsprojekte neu versiegelt – mit gravierenden Folgen für die Biodiversität.
Gericht stoppt weitere Zerstörung in Hamburg
Nach einem Eilantrag des Naturschutzvereins Schlickfall e.V. untersagte das Hamburger Verwaltungsgericht weitere Eingriffe in den Waldboden der Vollhöfner Weiden. Das Gericht stellte klar, dass die Entfernung von Pflanzen und die Veränderung des Bodens gegen die eigene Naturschutz-Verordnung der Stadt Hamburg verstoßen würde.
Die Rolle der Stadt Hamburg und Konsequenzen für den Naturschutz
Die Umweltbehörde verteidigte die Maßnahmen zunächst mit dem Argument, bedrohten Arten wie der Zwergschaumzikade einen Lebensraum bieten zu wollen. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht, da der Schutz von Trockenrasen-Arten nicht Teil der Verordnung war. Hamburg akzeptierte schließlich das Urteil und kündigte an, den Ursprungszustand der Fläche so weit wie möglich wiederherzustellen. Dennoch bleibt der Verlust alter Bäume und wertvoller Lebensräume irreversibel.
Ausblick: Nachhaltige Alternativen und Forderungen von Naturschützern
Umweltschützer fordern, dass Ausgleichsmaßnahmen echte neue Lebensräume schaffen und nicht auf Kosten bestehender Naturschutzgebiete gehen. Beispiele wie die Anlage von Tümpeln auf alten Obstwiesen zeigen, dass gezielte Renaturierung bedrohten Arten wie dem Moorfrosch eine neue Heimat bieten kann. Nur so kann der Naturschutz in Hamburg und bundesweit dauerhaft gestärkt werden.
00:00 Vor Ort im Naturschutzgebiet
01:18 Passende Ausgleichsfläche?
02:19 Zerstörung vom Naturschutzgebiet
03:42 Beispiel Ausgleichsfläche
05:14 “Aufwertung” von naturschutzgebiete
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Foto Thumb: NDR
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